Menschen & Erfolge
Mit weniger Kilos in eine neue Lebensphase starten
Wenn man von einem Termin zum nächsten hetzt und Essen immer nur zwischendurch „passiert“, häufen sich die Kilos schön langsam an. Das haben auch Social-Media-Berater Daniel Friesenecker und Ordens-Ökonomin Sr. Johanna Pobitzer erfahren müssen. Mit Hilfe des Medikcal-Programms haben sie es geschafft, ihrem Gewicht Herr zu werden und damit ein neues Lebensgefühl zu bekommen.
„Jetzt passe ich wieder in einen Sessel“, erzählt Sr. Johanna Pobitzer freudestrahlend. Bis vor etwas mehr als einem Jahr musste sie immer wieder nach einem Sessel ohne Armlehnen fragen. Dann entschied sie sich das Abnehmen in Angriff zu nehmen, diesmal im Rahmen des medizinisch-therapeutisch begleiteten Programms Medikcal. „Es ist eine unendliche Erleichterung, wenn der Einsatz für die Gewichtsreduktion funktioniert. Ich habe ganz schnell die Auswirkung auf meine Beweglichkeit gespürt und wieder ein anderes Körpergefühl bekommen“, erzählt die Ordensfrau der Franziskanerinnen. Immer wieder einmal hatte sie schon verschiedene Abnehmmethoden ausprobiert, durchaus konsequent über eine gewisse Zeit. Aber dann fiel sie auch immer wieder in ihre alten Ernährungsmuster zurück und der Jojo-Effekt schlug gnadenlos zu.
Auch Daniel Friesenecker kennt das: „Vor Corona habe ich wieder einmal 10 kg abgenommen, mit einem Trainingsprogramm und bewussterer Ernährung. Dann war das Fitnessstudio zu und nach Corona hatte ich plötzlich 20 kg mehr auf der Waage“, erzählt der 40-jährige Social-Media-Berater aus Linz. Er war mit gut 130 kg am bisherigen Höchststand seines Gewichts angekommen. „Ich habe mir immer wieder eingeredet, dass ich das schon irgendwann einmal hinbekommen werde, aber richtig daran geglaubt, dass es funktioniert, habe ich eigentlich nie.“ Und nachdem er keine gesundheitlichen Probleme hatte, war für den Familienvater alles in Ordnung. „Ich habe das Medikcal-Programm sogar schon gekannt. Dass ich selber in die Zielgruppe passe, ist mir aber erst nach dem Hinweis meiner Therapeutin klar geworden.“
Viel mehr Spaß im Motorikpark mit dem 5-jährigen Sohn
„Die betroffenen Menschen kommen auf ganz unterschiedlichen Wegen zu uns“, erklärt Medikcal-Programmleiterin Jutta Diesenreither. „Die eigene Motivation ist aber immer ausschlaggebend für den Erfolg.“ Meist sind es Dinge des Alltags, die wegen des Übergewichts schwerfallen. Wenn man sich beispielsweise die Schuhe nicht mehr selber binden kann oder, wie auch Friesenecker erzählt, die Größen im normalen Modehandel einfach nicht mehr reichen. „Meine größte Motivation ist aber mein 5-jähriger Sohn, für den ich ein aktiver Vater und Vorbild sein will. Es macht uns beiden viel mehr Spaß, wenn ich jetzt im Motorikpark mit ihm gemeinsam die Hindernisse bewältige und ihm nicht nur von draußen dabei helfe.“ Bei Sr. Johanna waren beginnende gesundheitliche Probleme wie Bluthochdruck und ein steigender Blutzuckerwert die Auslöser „und das Erleben von Unbeweglichkeit, wenn ich mit Freunden bei einer Wanderung am Berg einfach nicht mehr mithalten konnte.“
Ein ganzes Jahr lang werden die Teilnehmer*innen bei Medikcal auf ihrem Weg zu einer nachhaltigen Gewichtsreduktion von einem professionellen Team bestehend aus Ärzt*in, Physiotherapeut*in, Diätolog*in und Psycholog*in begleitet. „Diese relativ lange Dauer ist notwendig, weil die betroffenen Menschen nicht nur Gewicht reduzieren, sondern ihr Essverhalten grundlegend ändern sollen. Erst dadurch stellt sich der langfristige Erfolg ein“, ist Jutta Diesenreither überzeugt. Das bestätigt auch Sr. Johanna Pobitzer: „Ich hatte viele Aha-Effekte in dieser Zeit. Ich habe für mich beispielsweise herausgefunden, dass mein Verlangen nach Schokolade im Laufe des Nachmittags eigentlich das Verlangen nach einer Pause ist.“ Essen als Pause zu nutzen, gehörte auch für Friesenecker zum Arbeitsalltag: „Am Heimweg von einem Workshop noch schnell zu McDonalds reinzuhüpfen, um noch eine halbe Stunde für mich zu haben, wo mich keiner stört, war für mich ganz normal.“
25 kg weniger in zwölf Wochen
Ein großer Motivator ist der erste Erfolg, wenn die Kilos in den ersten Wochen purzeln. „Die ersten zwölf Wochen ernähren sich unsere Teilnehmer*innen ausschließlich von einer nährstoffdefinierten Formuladiät, nehmen täglich nur ca. 850 kcal zu sich und werden dabei medizinisch begleitet“, erklärt Diesenreither. „Vor dieser Fastenphase hatte ich riesigen Respekt“, fügt Friesenecker hinzu. „Puh, dachte ich mir, dann ist es vorbei mit Essen und Genuss. Ich habe in dieser Phase aber für mich gelernt, Struktur und Rhythmus in meine Ernährung zu bringen.“ Gebracht hat ihm das eine Gewichtsreduktion von 25 kg in diesen ersten zwölf Wochen. Und die Reise mit purzelnden Kilos geht weiter, wie man auch auf seinem Blog gettingalife.net mitverfolgen kann.
Nach diesen ersten zwölf Wochen beginnt mit dem Fastenbrechen die schrittweise Umstellung auf eine ausgewogene Mischkost. „Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich mich auf ein Stück Karotte so freue“, erinnert sich Friesenecker, der mitten in dieser Umstellungsphase steckt und sich gerade viel mit seinem Essen beschäftigt. Selber kochen, genau auf die Mengen achten und so Schritt für Schritt in ein neues Essverhalten finden, das ist sein Ziel.
„Die Gruppe bot einen geschützten Raum“
Das Programm als Gruppe zu durchlaufen, ist dabei für viele eine große Hilfe. „Wir waren eine Art Leidensgenossenschaft“, erzählt Sr. Johanna. „Die Gruppe bot einen geschützten Raum, in dem wir offen und sehr wertschätzend mit Gleichgesinnten an unserem Gewichtsproblem arbeiten konnten. Das hat sogar online gut funktioniert, als wir uns wegen Corona nicht persönlich treffen konnten.“ Jede Woche kommt die Gruppe an einem Abend zusammen, macht gemeinsam Bewegungstherapie und Verhaltenstrainings. „Einmal sind wir gemeinsam in den Supermarkt gegangen zum Einkaufstraining. Da ist es auch darum gegangen, ob ich überhaupt verstehe, was auf dem Etikett der Lebensmittel steht.“
Ende Mai waren bei Sr. Johanna Pobitzer die 52 Wochen des Medikcal-Programms geschafft. Rückblickend sagt sie, dass es dabei bei weitem nicht nur um eine Gewichtsreduktion ging. „Ich hatte in diesem Programm die Möglichkeit, den Blick über die Ernährung hinaus zu weiten und eine andere Perspektive auf mich selbst zu gewinnen.“
Bei Daniel Friesenecker steht die Stabilisierungsphase noch bevor, 31 Wochen in denen das neu erlernte Ess- und Bewegungsverhalten intensiv trainiert und gefestigt wird. Schon jetzt ist er aber davon überzeugt, dass jede*r Betroffene „Hilfe in Anspruch nehmen soll, wenn man das Gefühl hat, dass man es braucht. Darüber reden ist vielleicht schon ein erster Schritt.“





August 2022
Text: Mag. Michael Etlinger
Alle Fotos: © die elisabethinen / Stefan Zauner